Canyoning: Nervenkitzel in der Felsenritze

Canyoning: Nervenkitzel in der Felsenritze

Müde, aber sichtlich berauscht von den Eindrücken treten vier triefende Italiener in Neoprenanzügen aus einem Felsspalt im Tramuntanagebirge. „Wo ist denn hier der Ausgang?”, fragt einer von ihnen. Wirklich ortskundig ist die Canyoning-Truppe offenbar nicht, dennoch haben sie die Klettertour durch Mallorcas abenteuerlichste Schlucht „Sa Fosca” heil überstanden. Tropfend und mit klappernden Karabinern machen sich die Männer auf den Weg zurück zum Parkplatz.

Eine Schlucht zu durchklettern erfordert einiges Geschick.
Eine Schlucht zu durchklettern erfordert einiges Geschick.

Mallorca hat sich in den vergangenen Jahren zum beliebten Reiseziel für Abenteuersportler entwickelt. Canyoning – Schluchtenklettern – ist eine der angesagten Sportarten. Sowohl vom spanischen Festland als auch aus dem Ausland kommen die Anhänger des „Barranquismo” auf die Insel und auch auf Mallorca selbst gibt es eine wachsende Gruppe abenteuerlustiger, überwiegend junger Leute, die ihre Wochenenden in den Schluchten („barrancos” oder „torrentes”) im Tramuntanagebirge verbringen.

„Vor allem in den letzten fünf Jahren ist das verstärkt zur Mode geworden”, sagt Damon McShane vom balearischen Bergsteigerverband. Mallorca ist wegen der großen Zahl an begehbaren Schluchten ein besonders geeignetes Canyoning-Revier. Im Laufe von Jahrmillionen hat der Regen zum Teil Hunderte Meter tiefe bizarre Formationen in das kalkreiche Gestein der Insel gegraben. Nach Regenfällen verwandeln diese sich in reißende Sturzbäche. „Vor allem ,Sa Fosca’ lockt viele Leute an”, sagt McShane. „Das ist eine der besten Schluchten Europas.” Auf einige Hundert schätzt er die Zahl der Abenteurer, die diesen Barranco pro Jahr durchqueren.

„Es geht aber nicht nur ums Adrenalin.” Mindestens genauso wichtig sei das Naturerlebnis. „Es geht auch um die Schönheit der Landschaft. Es gibt Momente, da kannst du nur sagen: Wow. Da glaubst du kaum, dass das wirklich Mallorca ist.” Auf der Insel hat sich mittlerweile ein ganzer Industriezweig herausgebildet, der von der wachsenden Abenteuerlust der Menschen profitiert. Eine ganze Reihe von Firmen widmet sich der Organisation von Ausflügen in Mallorcas Schluchten. Auch der balearische Kletterverband hat sich auf die neue Wirklichkeit eingestellt und ein Komitee für Barranquismo gegründet. Außerdem werden Bergführer seit einigen Jahren offiziell geprüft, was zu einer Professionalisierung des Sektors geführt hat.

Erschienen im Mallorca Magazin.